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Zum 130. Geburtstag von Hồ Chí Minh

Nguyễn Sinh Cung wurde am 19.05. 1890 in Kim Lien, im damals von Frankreich besetzten Vietnam, geboren. Unter dem Kampfnamen Hồ Chí Minh sollte er später zu einer wichtigen Symbolfigur des antikolonialen und revolutionären Kampfes in seiner Heimat sowie weltweit werden.

Nachdem er schon in seiner Jugend mit den anti-feudalen Kämpfen der Bauern seiner Heimatregion sympathisiert hatte, ging er mit 21 Jahren nach Frankreich, um den Charakter der französischen Kolonialherrschaft zu verstehen, welche er als Hauptgrund für das Elend der vietnamesischen Bevölkerung betrachtete. Nachdem er sowohl Frankreich als auch Großbritannien und die USA bereist hatte, ließ er sich schließlich dauerhaft in Frankreich nieder, wo er sich der sozialistischen und später der kommunistischen Bewegung anschloss. So gehörte er 1920 zu den Gründer*innen der Kommunistischen Partei Frankreichs. Das Hauptaugenmerk seiner politischen Arbeit lag hierbei in dem Vorantreiben und der Vernetzung der schon zu diesem Zeitpunkt auf der Welt tobenden anti-kolonialen Kämpfe.

Später führte ihn sein Weg unter anderem in die Sowjetunion und nach China. Hier kämpfte er für die Unterstützung der weltweiten anti-kolonialen Kämpfen durch die Internationale Kommunistische Bewegung und war unter anderem an der Ausbildung von vietnamesischen Exilant*innen für den bewaffneten Unabhängigkeitskampf beteiligt. Für ihn lag in den unterdrückten Ländern des Trikonts (Afrika, Lateinamerika, große Teile Asiens), welche damals größtenteils noch unter direkter Kolonialherrschaft standen, der Schwachpunkt des Imperialismus – dort zuschlagen und die Revolution durchzuführen würde den imperialistischen Großmächten einen empfindlichen Schlag versetzten.

Im Februar 1930 begründeten er und andere in Hong Kong die Kommunistische Partei Indochinas, aus welcher schließlich unter anderem die Kommunistische Partei Vietnams hervorgehen sollte.

Nachdem er 1941 nach Vietnam zurückkehrte, gehörte er zu den wichtigsten und bekanntesten politischen Akteuren in der vietnamesischen Unabhängigkeitsbewegung Việt Minh. Nach Kämpfen gegen die japanischen Besatzungstruppen, welche im Laufe des zweiten Weltkriegs weite Teile Ost- und Südostasiens beherrschten, die nationalistische Kuomintang-Regierung Chinas, welche den Norden

Vietnams nach der Niederlage Japans 1945 besetzte, sowie vor allem die noch immer präsente Kolonialmacht Frankreich, erlangte der Norden Vietnams schließlich die Unabhängigkeit. Hồ Chí Minh wurde Premierminister und Präsident des neuen Staates.

Im Süden Vietnams kam nach der formalen Unabhängigkeit 1954 ein eng mit Frankreich und den USA verbündetes Militäregime an die Macht. Doch weite Teile der Bevölkerung wollten diese Fortführung der Ausbeutung und Unterdrückung durch den Imperialismus nicht akzeptieren. Der Kampf der Nationalen Befreiungsfront Südvietnams, auch bekannt als „Vietkong“, rief schließlich die USA auf den Plan, welche ab 1965 einen unbeschreiblich grausamen Krieg gegen die Befreiungsbewegung und das sozialistische Nordvietnam führten. Während die Befreiungsbewegung auf die Unterstützung aus dem Norden (und damit von China sowie aus der Sowjetunion) sowie vor allem der breiten Bevölkerung, vor allem der Bäuer*innen und Arbeiter*innen, zählen konnte, nutzte das US Militär unter anderem Napalm, welches ganze Dörfer und Landstriche in Schutt und Asche legte, das hochgiftige Entlaubungsmittel „Agent Orange“, welches bis heute zu körperlichen Fehlbildungen bei Neugeborenen in der Region führt, und Flächenbomardements (bis zu 7 Mio. Tonnen an Bomben – ca. 3 mal so viel wie im gesamten 2. Weltkrieg). Mindestens 2 Mio. Vietnames*innen verloren durch diesen Krieg ihr Leben.

Den Sieg der Befreiungsbewegung, den Rückzug der US-Truppen und die Wiedervereinigung Vietnams im Jahr 1975 sollte Hồ Chí Minh nicht mehr erleben. Er starb bereits im Jahr 1969.

Der Befreiungskampf in Vietnam und  Hồ Chí Minh als eine seiner bekanntesten Persönlichkeiten hatten weltweit einen wichtigen Einfluss auf anti-koloniale und anti-imperialistische Kämpfe, vor allem im Trikont, aber auch in den imperialistischen Zentren. Für die weltweite anti-autoritäre Sozialrevolte in den Jahren um 1968 waren sie ungeheuer wichtige Bezugspunkte, was unter anderem der internationale Vietnamkongress 1968 an der TU in Westberlin zeigt, welcher einen der Höhepunkte der Studierendenbewegung in der BRD und Westberlin darstellte. Die Solidarität mit dem vietnamesischen Befreiungskampf gegen den mörderischen US-Militarismus und seine Verbündeten bildeten einen Grundpfeiler eines sich neu entwickelnden internationalistischen und anti-imperialistischen Bewusstseins in der radikalen Linken der Metropolen.

Darum ist die Erinnerung an Hồ Chí Minh auch für uns als heutige Internationalist*innen noch von Bedeutung. Wir möchten seinen 130. Geburtstag hiermit dazu nutzen, um anzuregen, sich kritisch-solidarisch mit der internationalen Geschichte der revolutionären Bewegung auseinanderzusetzen.

Für uns ist  Hồ Chí Minh kein Heiliger und kein unfehlbarer „Vater der Nation“, zu welchem ihn sowohl die heutige vietnamesische Regierung (kommunistisch im Namen, bürgerlich-kapitalistisch im Handeln), als auch zum Teil orthodoxe Marxist*innen weltweit verklärt haben. Dennoch bleibt er eine wichtige Symbolfigur für den Befreiungskampf der vietnamesischen Bevölkerung und anti-imperialistische und revolutionäre Kämpfe im Allgemeinen – auch hier und heute.

Revolutionäre Geschichte aneignen und verteidigen!

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