Neukölln: Neonazi mit CDU-Stimmen
Seit März 2019 stellt die AfD in der BVV Neukölln immer wieder Christian Blank als BVV-Vorstand zur Wahl. Trotz seiner Zugehörigkeit zur rechten Hooligangruppe „Wannsee Front“ erhält er die Stimmen der CDU. Nun belegen neue Fotos seine Kontakte ins Neonazinetzwerk „NW Berlin“.
Der Neuköllner Bezirksverordnete Christian Blank kandidierte in den letzten Monaten mehrfach für die AfD-Fraktion als Beisitzer im BVV-Vorstand. In jedem der bisher neun Wahlgänge erhielt er auch die Stimmen der anwesenden CDU-Fraktion, zuletzt in der Sitzung am 22.1.2020.
Nun wurden Recherche030 Fotos aus dem Sommer 2013 zugespielt, die neben Blank zwölf weitere Personen zeigen, von denen mindestens sieben bekannte Neuköllner Neonazis sind.
- Christian Blank (mit Schal)
- Kai-Uwe Zemke (links mit Sonnenbrille)
- Patrick Weiß (links mit weißer Kappe)
- Matthias Römer (im Herthatrikot)
- Marcel Königsberger (im grünen Trikot)
- Florian Schumann (im grauen Hemd)
- Julian Schumann (hinten mit Deutschland-Hut)
- Name unbekannt (rechts neben Königsberger)
Zemke, Weiß, Römer, Königsberger und die Schumann-Brüder waren an schweren Gewalttaten in Neukölln, Treptow-Köpenick und dem Berliner Umland beteiligt. Sie gehören allesamt zum neonazistischen Netzwerk „Nationaler Widerstand Berlin“ („NW Berlin“) und den „Autonomen Nationalisten Berlin“ (ANB), die vor allem im Süden Neuköllns aktiv waren bzw. sind.
- 4.4.2003 – Florian Schumann, Tilo Paulenz (später AfD Neukölln) und etwa 30 weitere Neonazis und Hooligans greifen beim Britzer Baumblütenfest eine Gruppe Jugendlicher aus rassistischen Motiven mit Glasflaschen und Baseballschlägern an.
- 13.6.2006 – Thomas Schirmer beteiligt sich am versuchten Angriff auf eine antifaschistische Veranstaltung in Rangsdorf.
- 17.6.2006 – Julian Schumann beteiligt sich an rassistischem Überfall auf Jugendliche in Schönefeld, denen schwere Kopfverletzungen zugefügt werden.
- 25.8.2006 – Angriff auf einen Infostand des Bündnises „Gemeinsam gegen Rechts“ und der Partei „Die Linke“ an der Rudower Spinne, u.a. durch Weiß, Königsberger, Zemke und Thom.
- 17.11.2006 – Versuchter Angriff auf das Anton-Schmaus-Haus, u.a. durch Weiß und Zemke.
- 23.6.2007 – Überfall auf Besucher des Anton-Schmaus-Hauses, u.a. durch Schirmer, Thom, Bankel.
- 22.4.2012 – Pöbelei am Mommsenstadion, u.a. durch Weiß, Königsberger, Thom und Schirmer.
- 5.10.2014 – Versuchter Angriff auf TeBe-Fans nach dem Spiel beim TSV Rudow, u.a. durch Paulenz.
Der „NW Berlin“ betrieb zudem eine Website, auf der linke Aktivist*innen mit Namen, Adressen und Fotos veröffentlicht wurden. Überschneidungen gibt es mit der handschriftlichen Adressliste, die 2018 bei einer Hausdurchsuchung beim Neonazi Sebastian Thom gefunden wurde, sowie einer älteren beschlagnahmten Datei, deren späten Fund das LKA Berlin im Januar 2020 verkündete.
Neben Christian Blank gehören heute weitere Mitglieder dieser Strukturen zum Umfeld des AfD-Bezirksverbands: Sebastian Thom, Harald Bankel, Tilo Paulenz. Blank und Paulenz traten im Frühjahr 2016 nach den ersten größeren AfD-Wahlerfolgen gemeinsam in die Partei ein. Paulenz, der mit Thom als Hauptverdächtiger der Brandanschläge und Sprühereien im Bezirk seit 2016 gilt, legte Anfang 2019 sein AfD-Vorstandsamt nieder. Für einen Parteiaustritt, wie er von der AfD seitdem behauptet wird, gibt es aber keine Belege.
Neuköllner Mischung
Der Neonazi Thomas Schirmer gehörte ebenfalls zu den „Autonomen Nationalisten Berlin“ sowie zur NPD und wurde nach langem antifaschistischem Druck beim Fußballverein „TSV Rudow“ rausgeschmissen. 2017 gründete Schirmer die Fußball-Betriebssportgruppe „BSG Elektro Krause“, die er am 3.3.2019 auf Einladung des CDU-Verordneten Olaf Schenk dem BVV-Sportausschuss vorstellte. Ausschussmitglieder bestätigen, dass Christian Blank, der eigentlich im Jugendhilfeausschuss sitzt, als Gast an der Sitzung teilnahm – vermutlich zur Unterstützung seines Kameraden Schirmer, der laut Aussagen eines BSG-Spielers inzwischen CDU-Mitglied ist. CDU-Fraktionschef Gerrit Kringel war wiederum passives Mitglied des Vereins, der im August 2019 bereits wieder aufgelöst wurde.
Es überrascht nicht, dass neben dem vormaligen AfD-Bezirksvorstand Tilo Paulenz auch Christian Blank zum gewalttätigen Neuköllner Milieu aus Neonazis und Fußballhooligans gehört. Bereits vor der BVV-Wahl 2016 wurde bekannt, dass Blank zur rechten Hertha-Hooligangruppe „Wannsee Front“ gehört.
Obwohl die „Wannsee Front“ im Olympiastadion seit den 90er Jahren an Bedeutung verloren hat, fallen ihre Mitglieder auch heute immer wieder durch Hitlergrüße und rassistische sowie antisemitische Parolen auf. Seit der Gründung besteht eine enge Freundschaft mit der Dortmunder „Borussenfront“ um Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt. Im April 1992 prügelten Mitglieder der „Wannsee Front“ auf dem Baumblütenfest in Werder den Biker Peter Konrad zu Tode (Seite 11).
Die Person Christian Blank ist ein weiterer Beweis für das rechte Netzwerk im Berliner Südosten, das neben Neonazis, Fußballhooligans und der AfD bis zu Teilen der CDU reicht. Anlass zur Sorge ist außerdem die Beteiligung des Polizisten Detlef Moritz, der nicht nur am Abschnitt 65 in Johannisthal in leitender Funktion eingesetzt ist, sondern auch in der AfD: er ist Sicherheitsbeauftragter des Neuköllner Bezirksverbands.