Solidarität mit den 8 Jugendlichen von Altsasu
Acht baskische Jugendliche sehen sich aktuell mit einem Terrorverfahren konfrontiert, ihnen droht nun 50 Jahre Haft. Ausgangspunkt war eine Kneipenschlägerei mit zwei Polizisten der spanischen Militärpolizei Guardia Civil, die nicht im Dienst waren. Drei von ihnen sitzen nun bereits seit 500 Tagen in den Gefängnissen Estremera, Navalcarno und Aranjuez, weit entfernt von ihren Angehörigen.
Vor dem Sondergericht Audiencia Nacional in Madrid begann nun der Prozess gegen die Jugendlichen. Am Samstag, den 14.04.2018, also zwei Tage vor dem Prozess-Auftakt, demonstrierten in Iruñea (Pamplona) mehr als 50.000 Menschen gegen die absurden Vorwürfe.
In den letzten Monaten wurde immer wieder bekannt, dass der türkische Geheimdienst MIT in Deutschland gegen türkische und kurdische Linke aktiv wird. Nun scheint auch das Bundeskriminalamts (BKA) mit dem spanischen Nationalen Nachrichtendienstlichen Zentrum (CNI) zu kooperieren.
Für die internationale Soli-Arbeit ist ein kurzes Video entstanden, dass verschiedene Soli-Aktionen zeigt, auch wir haben uns mit einem Soli-Foto beteiligt und schließen uns der Forderung: „Das ist kein Terrorismus – wir fordern Gerechtigkeit“ an.
Im Folgenden dokumentieren wir zwei Hintergrund-Artikel und das Soli-Video:
Video:
– Solidaritaet mit den 8 Jugendlichen von Altsasu (InfoBaskenland)
Artikel:
– „Das ist kein Terrorismus – wir fordern Gerechtigkeit“ (Info-Baskenland / 15.04.2018)
– Justiz und Terror (Junge Welt / 16.04.2018)
UPDATE: Weitere Fotos von solidarischen Genoss*innen am ACK Polen/Gefangenenkommunikationssoli Abend vor dem Stadtteilladen Zielona Góra, Berlin-F’Hain. Auf dem Transpi mit den kyrillischen Lettern steht: „Freiheit für alle politischen Gefangenen“.
„Das ist kein Terrorismus – wir fordern Gerechtigkeit“
15.04.2018 | Uschi Grandel (mit Informationen aus GARA vom 15.4.2018)
Gegen Justizwillkür auf die Straße
Etwa 50.000 Menschen haben am Samstag, den 14.4.2018, in Iruñea (Pamplona) ihre Solidarität mit acht jungen Leuten demonstriert, die ab Montag ein Prozess vor dem spanischen Sondergericht Audiencia Nacional in Madrid erwartet. Es geht um eine Auseinandersetzung vor einer Bar in der nahe gelegenen baskischen Kleinstadt Altsasu in den frühen Morgenstunden des 15. Oktober 2016. Die Angeklagten waren mit zwei Polizisten der spanischen Militärpolizei Guardia Civil, die nicht im Dienst waren, in Streit geraten. Einer der Polizisten wurde dabei verletzt. Die acht Jugendlichen aus Altsasu sehen sich nun hohen Strafen wegen Terrorismus gegenüber: für Ainara fordert die Anklage 12 Jahre Gefängnis, für Adur, Jokin, Iñaki, Julen, Aratz und Jonan 50 Jahre, für Oihan gar 62,5 Jahre. Drei Angeklagte sind seit ihrer Verhaftung inhaftiert, mittlerweile mehr als 500 Tage. Sie befinden sich in den Gefängnissen Estremera, Navalcarno und Aranjuez, hunderte Kilometer von ihrer Familie und ihren Freunden entfernt.
Dass eine Kneipenschlägerei vor dem Sondergericht als Terrorismus verhandelt wird und aberwitzig hohe Haftstrafen drohen, empört nicht nur die 50.000, die unter dem Motto „Das ist kein Terrorismus – wir fordern Gerechtigkeit“ auf die Straße gingen. Die Familien der Angeklagten erklärten, dass sie sich für Versöhnung, Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzen. Im Falle ihrer Kinder wollten sie nichts verharmlosen und auch keine Straffreiheit. Aber die Vorverurteilung durch spanische Medien und Politiker, die Übertreibungen und eine bizarre Anklageschrift hätten nichts mehr mit der eigentlichen Tat zu tun. Deshalb fordern sie, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch in diesem Fall gelten müsse. Ähnliche Fälle seien von lokalen Gerichten mit Verwarnungen oder Geldstrafen beigelegt worden.
Der Vorwurf des Terrorismus hat zu einer Welle der Solidarität geführt. Eine Solidaritätserklärung erhielt nahezu 100.000 Unterschriften, 194 Jurist/innen, 88 Abgeordnete und 52 Abgeordnete des Europaparlaments haben Kritik am Vorgehen der spanischen Justiz geäußert. Der Vizepräsident des Europaparlaments, Frans Timmermans, hat zugesagt, den Fall von Brüssel aus zu verfolgen. Auch internationale Menschenrechtsorganisationen kümmern sich um den Fall. Die Organisation Fair Trials hat die Verletzung elementarer Bürgerrechte kritisiert. Amnesty International fordert eine Rücknahme der Anklage wegen Terrorismus. Dies sei überzogen und verletze die von den Vereinten Nationen für das Strafrecht geforderte Klarheit und Präzision.
Foto (FOKU, Iñigo Uriz, 14.4.2018): Demonstration in Iruñea (Pamplona) am 14.4.2018
Quelle: www.info-baskenland.de/1724-0-Das+ist+kein+Terrorismus+-+wir+fordern+Gerechtigkeit.html
Justiz und Terror
Zehntausende demonstrierten in Pamplona für Jugendliche, die wegen eines Streits mit zwei Beamten der Guardia Civil angeklagt sind
Von Mela Theurer, Barcelona
»Gerechtigkeit statt Terrorismus« forderten die Demonstranten in Pamplona am Samstag in Solidarität mit acht Jugendlichen aus Alsasua in der Provinz Navarra. Die Veranstalter sprachen von 50.000 Teilnehmern, laut Polizei waren es 38.000, die auf die Straße gingen, damit die jungen Menschen einen fairen Prozess bekommen. Das Verfahren beginnt am heutigen Montag vor dem spanischen Sondergerichtshof »Audiencia Nacional«. Mit der Terrorismusanklage drohen den acht Jugendlichen bis zu 50 Jahre Haft. Drei von ihnen befinden sich seit über 16 Monaten in Untersuchungshaft.
Ausgangspunkt war eine Auseinandersetzung in der Nacht auf den 15. Oktober 2015 in einer Bar in der Kleinstadt Alsasua. Über den Verlauf der Schlägerei zwischen den acht Angeklagten mit zwei in Zivil gekleideten Beamten der Guardia Civil und deren Freundinnen gibt es konkurrierende Versionen. Einer der Polizisten musste später am Bein operiert werden, die beiden Freundinnen und sein Kollege hatten Prellungen und Hämatome erlitten.
Was als Streit in einer Bar begann, endete jetzt vor dem Sondergericht. Drei Tage nach den Ereignissen hatte die »Vereinigung der Opfer des Terrorismus« den Fall dort vorgetragen und die Richterin Carmen Lamela befand, dass dem Handeln der Jugendlichen »Hass gegen die Guardia Civil« zugrunde läge. Deren Sympathie bzw. Aktivität in der Bewegung »Alde hemendik« (Besatzungskräfte raus), nahm sie zum Anlass, die Auseinandersetzung als zielgerichteten Akt gegen die Guardia Civil und deren soziales Umfeld zu deklarieren. Der Antrag der Familien, die Angelegenheit im Rahmen eines normalen Strafprozesses vor dem Landesgericht zu verhandeln, wurde – wie auch der Befangenheitsantrag gegen die vorsitzende Richterin – abgelehnt. Richterin Concepción Espejel ist mit einem Oberst der Guardia Civil verheiratet und hat unter anderem für die Sicherung der Interessen des Vaterlandes deren Verdienstkreuz erhalten.
»Es ist absolut unangemessen, in diesem Zusammenhang von Terrorismus zu sprechen. Wir wollen keine Straffreiheit, sondern einen fairen Prozess«, erklärt Bel Pozueta, Mutter eines Angeklagten dem katalanischen Fernsehsender TV3. Nicht nur die Angehörigen sehen den Terrorismusvorwurf als unverhältnismäßig an, auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty fordert, ihn fallenzulassen.
Der spanische Staat scheint inzwischen vieles unter Terrorismus zu fassen, was in der Unabhängigkeitsbewegung sowie linken und antifaschistischen Gruppen geschieht. Die Kriminalisierung der katalanischen Politiker und Aktivisten der Basisbewegung, des Komitees zur Verteidigung der Republik (CDR) und von Musikern, die gegen Monarchie und Korruption rappen, sind die aktuellsten Beispiele. Juristisch liegt diesem Vorgehen eine Veränderung des Strafgesetzbuches von 2015 zugrunde. Nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo in Paris unterzeichnete die sozialdemokratische PSOE mit der regierenden Volkspartei PP einen Antiterrorismuspakt, in dem der Terrorismusbegriff ausgedehnt und verschärft wurde. Nicht nur die Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe, sondern auch Sympathie und Unterstützung können als Terrorismus ausgelegt werden. Der anerkannte Rechtsanwalt und -wissenschaftler Carles Monguilod sieht diese Erweiterung als nicht vereinbar mit einem demokratischen Strafgesetzbuch. Er fordert eine sofortige Veränderung des Gesetzes: »Es kann nicht sein, dass beispielsweise auf eine ›Drohung‹, die als Terrorismus ausgelegt wird, eine höhere Strafe steht als auf Totschlag«, so Monguilod.
Quelle: www.jungewelt.de/artikel/330847.justiz-und-terror.html
Solidaritaet mit den 8 Jugendlichen von Altsasu
Wegen einer Auseinandersetzung in einer Kneipe in Altsasu im Okt. 2016 sind drei junge Basken seit über 500 Tagen inhaftiert, insgesamt 8 Jugendliche wegen Terrorismus vor dem spanischen Sondergericht angeklagt. Wir fordern Gerechtigkeit. Das ist kein Terrorismus.