Die Berliner Friedenskoordination (FRIKO) ist als älteste friedenspolitische Gruppe in Berlin eine politische Instanz. Dadurch genießt die FRIKO das Vertrauen vieler friedensbewegter Menschen und Gruppen in Berlin. Dieses ihr entgegengebrachte Vertrauen nutzt die FRIKO leider in zunehmendem Maße aus und sabotiert damit die Möglichkeit einer breiten Friedensbewegung in Berlin. In Zeiten, in denen politische und gesellschaftliche Brandstifter von AfD über Jürgen Elsässer bis zu übriggebliebenen Querdenker*innen versuchen das Wort „Frieden“ für sich zu vereinnahmen, wäre nichts nötiger als eine friedenspolitische Gruppe, die dieses Wort und seine Verteidiger*innen vor solchen Angriffen schützt. Die FRIKO kommt dieser Aufgabe jedenfalls nicht nach. Das Gegenteil ist der Fall.
Schon die rechtsoffene Querdenken-Bewegung bezeichnete sich selbst gerne als „Friedensbewegung“. Das Wort „Frieden“ kann sich nunmal leider, wie auch das Wort „Freiheit“, nicht wehren. Es kann sich nicht aussuchen, von wem und in welchem Kontext es verwendet wird. Für Frieden sind außerdem praktischerweise fast alle Menschen. Das macht es so attraktiv, für sich und seine Bewegung zu reklamieren, für den Frieden zu demonstrieren. Wer allerdings die sogenannten Friedenskundgebungen der AfD-Jugendorganisation Jungen Alternative am 10.02.2023 auf dem Pariser Platz oder die Friedenskundgebung von Gruppen des verschwörungsideologischen Spektrums gemeinsam mit Reichsbürger- und Neonazi-Aktivist*innen am 05.02.2023 auf der Reichstagswiese verfolgte, dem dürfte schnell klar sein, dass hier unter der russischen Fahne, der Fahne des Deutschen Kaiserreichs und der Flagge Preussens nicht für das demonstriert wird, was die meisten Menschen so unter „Frieden“ verstehen.
Den Reichsbürgern, Neonazis und AfD-Strategen ist das alles ziemlich egal. Frieden, Freiheit, Corona-Pandemie, Krieg, Inflation, you name it – sie nutzen einfach jede Angst, jede Krise und jede Bewegung, um ihre rechte Hetze auf die Straßen zu tragen. Das ist nicht neu und daran wird sich wohl auch nichts ändern. Deutlich bedenklicher ist, dass es Teilen der Friedensbewegung aktuell umgekehrt offenbar egal zu sein scheint, ob sie für den Frieden mit besagten Rechten auf der Straße gemeinsam marschieren. Wirklich gefährlich wird es allerdings, wenn dieses Zusammengehen von Friedensbewegung und rechten Kräften nicht nur von rechts, sondern auch von Teilen der Friedensbewegung aktiv gesucht und gefördert wird. Dies ist in Berlin im Fall der Friedenskoordination (FRIKO) und ihrer langjährigen Sprecherin Laura von Wimmersperg leider zunehmend zu beobachten.
Wimmersperg und FRIKO nutzen ihren Vertrauensvorschuss
Die FRIKO ist seit den 80ern aktiv und eine der dienstältesten Friedenspolitischen Gruppen Berlins. Auf Grund ihrer langen Existenz und ihrer Rolle beim Aufbau der „alten Friedensbewegung“ genießt die FRIKO Respekt und Vertrauen gerade unter älteren Genoss*innen verschiedenster Verbände und Parteien. Wir sind jedoch der Meinung dass die FRIKO eben jenes Vertrauen, dass ihr teilweise von langjährigen Bündnispartner*innen entgegengebracht wird, aktuell nutzt, um eine Doppelstrategie bei der Mobilisierung ihrer Aktionen umzusetzen, um sowohl linken, als auch rechten Akteur*innen eine Teilnahme zu ermöglichen. Ob dies auf die alleinigen Entscheidungen des Kerns der FRIKO zurückzuführen ist oder ob dies maßgeblich auf Eigeninitiative der FRIKO-Sprecherin Laura von Wimmersperg beruht, mögen wir nicht in Gänze einzuschätzen. Wimmersperg ist allerdings seit mehreren Jahrzehnten das Gesicht der Gruppe. Sie zeichnet sich presserechtlich für deren Veröffentlichungen verantwortlich und gibt regelmäßig Interviews im Namen der FRIKO. Ihre Vernetzungsarbeit und Demobesuche im rechten/rechtsoffenen Spektrum sind darum ein klares politisches Statement und werden unweigerlich mit der FRIKO in Verbindung gebracht – zumal sie auf Podien oder Demos aus diesem Spektrum auch immer als Teil der FRIKO angekündigt wird und sich auch als solches vorstellt. Ihre Aktivitäten werden also von den anderen Mitgliedern der FRIKO wissentlich geduldet.Wir finden diese Entwicklung und Bündnisstrategien von Wimmersperg und FRIKO gefährlich, da sie Reichweite und Einflussräume für rechte Akteure erweitern. Vielen ist dies nicht unbedingt klar und sie canceln Kritik an der FRIKO als Spleen von Liberalen ab. Wir sind jedoch der Ansicht, dass mensch es sich damit zu leicht macht und (ohne es vielleicht zu wollen) die Augen vor dem Vorhaben der FRIKO verschließt. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden diesen Text zu veröffentlichen.
Mahnwachen für den Frieden – Aufkommen einer rechtsoffenen Friedensbewegung
Mahnwachen für den Frieden – Aufkommen einer rechtsoffenen Friedensbewegung
Mit den Vorboten des Konfliktes in der Ukraine 2013wurde erneut offenbar, dass es in der BRD keine handlungsfähige Friedens- bzw. Anti-Kriegsbewegung mehr gab. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum Beispiel die Abschaffung der Wehrpflicht. Der Zwang zum Wehrdienst und die Entscheidung für Zivildienst oder Totalverweigerung politisierte über Generationen junge Menschen und schuf Interesse für antimilitaristische Themen. Damit war ab 2011 Schluss. Aber auch die Diskurse der sogenannten „Antideutschen“ um den Irak-Krieg und den Israel-Palästina-Konflikt hatten den Effekt, dass das Eintreten für Frieden „anti-fortschrittlich“ und „irgendwie nicht cool“ sei. Statt dessen fand eine starke Verschiebung des linken Aktivismus statt, weg von globalen Themen, hin zu tagespolitischen Kämpfen im unmittelbaren Nahumfeld (Mietenkämpfe, Antifaschismus usw.). Die drohende Gefahr eine Krieges, der sich nicht so weit weg von Deutschland zu entwicklen drohte, bewegte um 2014 viele Menschen. Die nicht vorhandene linke/linksradikale Antwort auf die Zuspitzungen in der Ukraine nutzten vor allem verschwörungsideologische Zusammenhänge und begannen mit der bundesweiten Organisation sogenannter „Montagsmahnwachen für den Frieden“. Viele dieser Akteure tauchten im Rahmen der Querdenken-Bewegung wieder in exponierter Stellung auf. Deren „weder rechts noch links“-Agenda und ihr Willkommenheißen der gesamten „Menschheitsfamilie“, witterten rechte Strategen wie Jürgen Elsässer (Chefredakteur des Compact Magazins) als Möglichkeit, um Einflussräume für die Rechte zu erweitern – sowohl bei den Friedensmahnwachen, als auch im Rahmen der Coronaproteste. Elsässer oder Ken Jebsen (ehemals KEN.FM, jetzt apolut.net) waren damals somit regelmäßige Gastredner auf den Bühnen der rechten Friedenskundgebungen.
In Ermangelung anderer Bündnispartner*innen und gewiss auch beflügelt von der Vorstellung eine neue Friedensbewegung wie zu Zeiten der NATO-Doppelbeschluss-Debatte könne entstehen, suchte Laura von Wimmersperg nun Kontakte zu dieser neuen Bewegung. Für Teile der bürgerlichen Presse war das Zusammengehen von Linken und Rechten ein gefundenes Fressen für das Wiederkäuen der Extremismustheorie und die Delegitimierung friedenspolitischer Forderungen.
Eine klare Absage an diese rechtsoffene Friedensbewegung kam aber auch von links. Zum Beispiel durch die internationalistische Tageszeitung Junge Welt, die mit mehreren Artikeln eine publizistische Offensive gegen Elsässer und Jebsen lostrat. Auch die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) positionierte sich klar gegen die Kooperation mit rechten Kräften im Zuge dieser rechtsoffenen Friedensbewegung. Laura von Wimmersperg, die bis dahin zahlendes Mitglied der VVN-BdA gewesen war, kündigte auf Grund dieser klaren Distanzierung der VVN-BdA ihre Mitgliedschaft auf. Sie verließ damit den antifaschistischen Konsens der Organisation, der auch in weiten Teilen der Linken Standard ist. Und dieser heisst: Keine Toleranz gegenüber Rechten auf unseren Veranstaltungen.
Ostermarsch 2022
Diese beliebige Offenheit in alle Richtungen sorgte in den Folgejahren immer wieder für entsprechende Fotos von FRIKO-Kundgebungen, die Liberalos die Möglichkeit boten, Friedenspolitik politisch zu diskreditieren. Schlußendlich schuf die FRIKO 2022 im Rahmen ihres Ostermarsches mit ihrer „Jeder kann dabei sein“-Linie ein Beteiligungsangebot für die Reste der Coronaleugner*innen-Bewegung, die sich zu diesem Zeitpunkt auf neue Themen wie den Ukrainekrieg umorientierten. Der Ostermarsch ist eine der ältesten Friedensdemos in Berlin und wird auch von Organisationen wie der DKP und Gliederungen der VVN-BdA seit Jahren unterstützt. Als klar wurde, dass in Chatgruppen der Querdenken-Szene für eine Beteiligung am Ostermarsch geworben wurde, informierten wir zeitnah die FRIKO und baten unsere Hilfe an, diese Leute vom Ostermarsch fern zu halten. Als Antwort erhielten wir die Aussage, dass beim Ostermarsch alle willkommen seien, solange sie sich gewaltfrei verhalten, die Ziele der Demo mittragen und keine rechten Banner mit sich führen. Und so kam es wie es kommen musste: Die Querdenken-Gruppierung „Freie Linke“ konnte auf der Demo sogar einen eigenen Block bilden und konnte ohne runterzufliegen bis zum Ende mitlaufen. Es tummelten sich zahlreiche rechte Streamer auf der Veranstaltung, die den Ostermarsch als Kulisse nutzen konnten. Darunter befand sich, mit Kamera-Begleitung, der rechte Medienaktivist und Anwalt Markus Haintz, dem auch schon die zweifelhafte Ehre einer Privataudienz bei Bolsonaro zuteil wurde. Jean-Theo Jost aka. „Pater Theo“, der während Querdenken-Demonstrationen gerne mal einen Hitlergruß mit den Worten „Heil Spritze“ auf der Bühne zeigte, fühlte sich auf dem Ostermarsch wohl und willkommen. Ordner*innen fühlten sich nicht verantwortlich oder überfordert, wenn sie auf das Problem angesprochen wurden. Das Nichtrunterwerfen von rechten Youtubern und Querdenkern vom Ostermarsch, aber auch dessen politische Ausrichtung (kein schlechtes Wort über das Putin-Regime) hatten eine Signalwirkung in das verschwörungsideologische Spektrum. In der Querdenken-Bubble war nun klar, dass sie auf FRIKO-Aktionen nicht zwangsläufig befürchten müssen runtergeworfen zu werden. Das Dulden von verschwörungsideologischen Akteuren und das „überfordert sein“ und „überrumpelt fühlen“ hat sich bei der FRIKO seit dem letzten Ostermarsch im April 2022 step by step hin zu einer praktischen Kooperation mit verschwörungsideologischen und rechten Strukturen entwickelt. Wir sehen darin eine neue Qualität, die einen deutlichen Unterschied macht, zu einer bloßen Teilnahme einzelner Querdenker*innen an einer solchen Friedensdemo.
Aber der Reihe nach…
1. Oktober 2022: Offene Einladung an die Rechten
Am 01.10.2022 fand auf dem Alexanderplatz eine Kundgebung der, aus der verschwörungsideologischen Szene hervorgegangenen, rechten Gruppierung „Handwerker für den Frieden“ statt. Organisator war der ehemalige AfD-Kandidat Karl Krökel. Mitorganisator und treibende Kraft der rechten Kundgebung war Jürgen Elsässer, der schon seit Langem ein Verschmelzen von Friedensinitiativen mit der radikalen Rechten im Sinne einer Querfront-Strategie forciert. Prominent wurde die Veranstaltung vor allem auf den Kanälen des COMPACT-Magazins im eigenen Design der Zeitschrift beworben. Entsprechendes Publikum fühlte sich angesprochen und reiste zum Teil bundesweit nach Berlin an. Vor Ort waren dann die extrem rechte Pseudogewerkschaft „Zentrum Automobil“, das rechtsradikale COMPACT-Magazin, bekannte Akteure der Berliner Querdenken-Bewegung, Gruppen aus dem Spektrum der „Freien Sachen“ wie „Freie Thüringer“ und „Freie Brandenburger“ und Personen mit russischen Fahnen und „Z“-Symbolen. Die Bühne stellte der Berliner AfD-Kader Andreas Wild in Form seines Lastwagens, der de facto zur Berliner AfD-Infrastruktur gehört. Wenn die AfD in Berlin Kundgebungen durchführt, greift sie regelmäßig auf den LKW des Höcke-Unterstützers aus Steglitz zurück. Nur wenige Meter entfernt von der rechten Kundgebung fand am Neptunbrunneneine Kundgebung der Berliner FRIKO statt. Nach dem Ende der rechten Kundgebung rief Karl Krökel auf, sich der Demonstration der FRIKO auf der anderen Seite des Fernsehturms anzuschließen. Kurze Zeit und ein kleines Handgemenge mit der Polizei später, trafen die ersten bekannten Gesichter der rechten Kundgebung auf der Demonstration der FRIKO ein. Darunter Personen der antisemitischen, rechtsesoterischen Partei „die Basis“, der Querfront-Gruppe „Freie Linke“ und des rechten Vereins „Zentrum Automobil“. Als schließlich auch der bekannte Holocaustleugner Reza Begi sein Megaphon auspackte, versuchten Teile der FRIKO-Orga und auch Teilnehmer*innen der Friedenskundgebung, die Rechten aus der Kundgebung zu drängen. Dennoch konnten u.a. die Anhänger der Partei „die Basis“ und die „Freie Linke“ mit Fahnen am anschließenden Demonstrationszug teilnehmen. Es steht nun zu befürchten, dass dieser „Besuch“ kein Zufall war und dass es auch nicht, wie im Anschluss häufig dargestellt, nur die Bestrebung Jürgen Elsässers und Karl Krökels war, die rechte Kundgebung mit der Kundgebung der FRIKO zu vereinigen.
Fast genau einen Monat später, am 05.11.2022 fand eine ähnliche „Friedenskundgebung“ ebenfalls nahe des Alexanderplatzes statt. Die personelle Zusammensetzung war ähnlich, aber dennoch war eine Weiterentwicklung im Sinne des Zusammengehens von rechten Gruppen mit rechtsoffenen und verschwörungsideologischen Friedensbewegten zu erkennen. Um und auf der Bühne zu sehen waren dieses Mal der Querfront-Aktivist Diether Dehm, der ex-AfD-Kandidat Karl Krökel, das extrem rechte COMPACT Magazin, diverse Akteure der Berliner Querdenken-Bewegung, Bernd Pachal (ex-AfD), Gabriele Gysi, die verschwörungsideologische „Freie Linke“, einige stadtbekannte Reichsbürger, einschließlich des verurteilten Holocaustleugners Reza Begi – und mittendrin Laura von Wimmersperg, die Sprecherin der Berliner FRIKO.
Wimmersperg war nicht zufällig auf der Demonstration am 05.11.2022. Wie die Hintergründe dieser regen gegenseitigen Besuche zwischen den verschwörungsgläubigen Gruppierungen der ehemaligen Querdenken-Bewegung, dem rechten bis rechtsradikalen Spektrum um Compact, Krökel und seiner Gruppe „Handwerker für den Frieden“ und der Berliner FRIKO entstanden, belegen Aussagen während einer direkt am nächsten Tag abgehaltenen Podiumsdiskussion in dem Berliner Querdenken-Treffpunkt Musikbrauerei. Am 06.11.2022 sprachen hier der ex-AfD-Kandidat Karl Krökel, die FRIKO-Sprecherin Laura von Wimmersperg, die verschwörungsideologische Aktivistin Friederike de Bruin und Diether Dehm über die zukünftige Zusammenarbeit der alten und neuen Friedensbewegung. Wer mit „neuer Friedensbewegung“ gemeint war, zeigte sich schon am Publikum, das in großen Teilen aus bekannten rechten, rechtsoffenen und verschwörungsideologischen Akteuren bestand.
Unter anderem wurde auf diesem Podium offengelegt, dass Karl Krökel bereits in der Vergangenheit ein Zusammengehen bzw. eine „gemeinsame Aktion mit der FRIKO versucht“ habe, welche dann als Reaktion auf ein Interview Krökels im extrem rechten COMPACT-Magazin kurzfristig aufgekündigt wurde. Jetzt, so wurde auf dem Podium erklärt, sprächen die Berliner FRIKO und Krökels „Handwerker für den Frieden“ über gemeinsame zukünftige Aktionen. Laura von Wimmersperg erklärte auf dem Podium, dass sie selbst angeregt hatte, dass die Berliner FRIKO Kontakt mit der rechten Gruppierung „Handwerker für den Frieden“ um den ehemaligen AfD-Kandidaten Karl Krökel aufnehme. Wörtlich sagte Wimmersperg: „Die Idee war, dass Karl seine Rede hält und dass die dann rüberkommen, gemeinsam zu uns, wir sie dann sozusagen von unserem Lastwagen empfangen und begrüßen und dass Karl dann redet, und dass wir dann gemeinsam die Demo machen.“. Im Anschuss erklärte die FRIKO-Sprecherin Laura von Wimmersperg über die politischen Schwierigkeiten, die FRIKO Berlin mit den rechten Kräften der Kundgebung von Elsässer und Krökel zusammenzuführen: „Karl hatte das Unglück, dass er von Jürgen Elsässer angesprochen wurde, ein Interview zu geben. Und er hat sich beraten, mit Reiner Braun von dem Internationalen Peace Büro und der Reiner hat eine Antwort gegeben, die ich nicht gegeben hätte. Er hat gesagt, na da musst du aber vorsichtig sein, kannst du aber machen.“. Man habe innerhalb der FRIKO daraufhin Sorgen gehabt, sich „bestimmte Leute“ zu verprellen. Die Leitung der FRIKO habe sich laut Wimmersperg beraten und schließlich beschlossen, sich mit dem ehemaligen AfD-Kandidaten zu Beratungen bezüglich einer Zusammenarbeit zu treffen. Wimmersperg berichtet, man war „sehr einverstanden, mit dem was er gesagt hat. Es war nicht schwierig.“. Um es „geschickt“ zu machen, habe man „überlegt, dass die dann zu uns rüberkommen und dass man dann gemeinsam geht“. Wimmersperg beklagt „diese Frage mit der Querfront, das ist ein wirkliches Gift, was da gesät wird“ und „wir in der FRIKO sagen, es können alle kommen, wir schmeißen keinen raus, weil wer sagt, der hat mal mit nem AfD-Menschen geredet“. Die verschwörungsideologische Aktivistin Friederike de Bruin erzählte auf dem gleichen Podium von einer gemeinsamen Beratung mit Diether Dehm und forderte als Ergebnis, man müsse sich an einen Tisch setzen „mit Menschen die von ganz Links kommen und Menschen, die von ganz Rechts kommen“ und diskutieren, was denn eigentlich die „trennenden Punkte“ seien und was die Punkte, „die uns vereinen“. Weiter erklärte Friederike de Bruin: „Ich glaube dass da Think Tanks am Werk sind, und das sehr klug eingefädelt wurde, dass da nicht mehr oben und unten betrachtet wird und wir uns vereinen, sondern dass wir uns gegenseitig die Köpfe einhauen. Das ist schon ein paar Jahrhunderte so.“. Diether Dehm erklärte zum Abschluss des Podiums in Bezug auf die Zusammenarbeit mit COMPACT und anderen rechten Publikationen: „Heute sind die Jeff Bezos und die anderen Konzernchefs orientiert auf einen Weltmarkt, einen Freihandel“ und weiter „deswegen sind ihnen China, Indien, Russland, Iran und andere so sehr im Wege und das ist für mich der neue Faschismus. Also wäre der Querfront-Vorwurf viel eher, wenn wir mit Vertretern des Freihandels Interviews machen, als wenn wir es mit irgendeiner angeblich rechten Zeitung tun, die sich aber möglicherweise für andere Interessen einsetzt. Hier ist ein Wandel geschehen im Begriff des Faschismus. Also es ist höchste Zeit, dass wir dieser blöden Antifa, die gestern da gestanden hat, den schönen Namen wegnehmen. Der wahre Antifaschismus richtet sich eben gegen diesen Terror des Freihandels.“. Die FRIKO-Sprecherin Laura von Wimmersperg wurde zum Schluss gefragt, ob sie darauf noch etwas sagen möchte und antwortete abschließend: „Nach dem, wie Diether das erklärt hat, könnte ich jetzt nichts weiter dazu sagen. Das ist genau der Weg, den man eigentlich sehen muss, den man zu gehen hat.“
Die FRIKO nutzt ihren Vertrauensvorschuss aus
Was am 01.10.2022 auf dem Alexanderplatz so spontan wirkte, war also im Hintergrund bereits abgesprochen worden und Laura von Wimmersperg war die treibende Kraft hinter dem Zusammenschluss der rechten Kundgebung mit der Kundgebung der FRIKO. Wer an diesem Tag vor Ort war, oder sich die Veranstaltung im Netz anschaut, kann sehen wie sich Teilnehmer*innen der FRIKO-Kundgebung aus Eigeninitiative den Nazis von „Zentrum Automobil“ in den Weg stellen und ihnen „verpisst euch!“ entgegenrufen. Vom Lautsprecherwagen ergeht die deutliche Ansage, dass keine Rechten auf der Kundgebung gewollt sind. Davon scheint nichts gespielt. Die Wut ist echt. Was diese Menschen in der Situation nicht wissen, ist dass die Rechten eingeladen wurden. Genau das ist es, was wir meinen, wenn wir sagen, dass die FRIKO und Laura von Wimmersperg ihren Vertrauensvorschuss ausnutzen. Teilnehmer*innen ihrer eigenen Kundgebungen und langjährige Bündnispartner*innen werden im Glauben gelassen, dass derlei „Unterwanderungsversuche“ Zufälle seien und dass sich die FRIKO von diesem rechten Spektrum distanzieren würde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Als am 27. Januar die FRIKO anlässlich der bewilligten Waffenlieferungen an die Ukraine eine Kundgebung abhielt, beteiligten sich Personen mit Propaganda-Material von COMPACT und dem rechten Medienprojekt AUF1. Der Berliner Landesverband der VVN-BdA veröffentlichte daraufhin eine Erklärung, die dieses Zusammenkommen, als auch die Beteiligung ihrer Mitglieder an der Kundgebung kritisierte. Diese Erklärung war richtig und schon länger überfällig. Sie sollte aber weniger mit den eigenen Mitgliedern so hart ins Gericht gehen, als mit der FRIKO, die es eigentlich verdient hätte. Denn nicht alle Antifaschist*innen, auch nicht die der größten antifaschistischen Organisation der BRD, können alle aktuellen rechten Symbole genau kennen. Die FRIKO hingegen spielt bewusst ein doppeltes Spiel und weiß sehr genau, wen sie sich da einlädt.
Im März/April 2023 erreicht diese Kooperation der FRIKO mit verschwörungsideologischen und rechten Kräften schließlich eine offizielle Ebene. Am 18. März 2023 will das, aus verschiedenen Gruppen der Berliner Querdenken-Szene gegründete, „Bündnis für Frieden“, zu dem auch die rechte Gruppierung „Handwerker für den Frieden“ und die rechtsesoterische und antisemitische Partei „die Basis“ gehören, eine Demonstration ab Hermannplatz durchführen. Als Sprecher*innen auf dieser Demonstration werden ausschließlich Laura von Wimmersperg (explizit in ihrer Funktion für die Berliner FRIKO) und der ehemalige AfD-Kandidat Karl Krökel (für die „Handwerker für den Frieden“) angekündigt. Hier tritt nun also zum ersten Mal das bisher im Hintergrund agierende Duo Krökel/Wimmersperg offen zusammen bei einer Demonstration auf und das Vor- und Schauspiel der „ganz zufälligen“ gegenseitigen Demo-Besuche scheint beendet. Die FRIKO agiert hier nun erstmalig offen organisiert zusammen mit den rechten Gruppen der verschwörungsideologischen „Neuen Friedensbewegung“ auf einer von diesen Gruppen organisierten Demonstration. Und wie schon bei den gegenseitigen Demo-Besuchen, funktioniert auch die organisatorische Kooperation der FRIKO mit ihren neuen Partner*innen von rechts, sehr schnell in beide Richtungen: Die Berliner FRIKO bindet nun aktiv und öffentlich verschwörungsideologische und rechte Gruppen und Parteien in die Organisation ihrer Aktionen mit ein. Am 11. März 2023 verkündete die rechtsesoterische und antisemitische Partei „die Basis“ auf ihrem Telegram Kanal, dass das „Bündnis für Frieden, zu dem auch die Basis gehört“ erstmals Teil der Orga des Ostermarsches ist. Damit sind folglich auch die eng mit AfD, COMPACT und Elsässer verwobenen rechten Strukturen der „Handwerker für den Frieden“, die Querfront-Gruppe „Freie Linke“, lokale Berliner Ablegerstrukturen der extrem rechten „Freien Sachsen“ und diverse Berliner Gruppen der Querdenken-Bewegung offiziell Teil der Orga des diesjährigen Ostermarsches in Berlin. Laura von Wimmersperg und Karl Krökel haben ihr Ziel, wie im Vorfeld öffentlich angekündigt, umgesetzt. Laura von Wimmersperg ist allerdings nicht die einzige, die seit Langem von einer gemeinsamen Friedensbewegung rechter und linker Kräfte träumt. Aber sie war und ist in Berlin an der entscheidenden Position, um diesen gefährlichen Traum nun Wirklichkeit werden zu lassen.
Manifest für Frieden – Wagenknecht und Schwarzer
Am 10.02.2023 veröffentlichten Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht auf der Plattform change.org eine Petition unter dem Namen „Manifest für Frieden“. Statt Krieg klassenpolitisch zu begreifen, formulieren sie darin Bitten an die Deutsche Regierung und mahnen das Staatsoberhaupt an seine nationale „Pflicht“, „Schaden vom deutschen Volk abzuwenden“. Wagenknecht und Schwarzer bedienen in ihrem „Manifest für Frieden“ außerdem dass Narrativ einer fremdbestimmten deutschen Regierung, die ihre Entscheidungen nicht im Sinne eines deutschen Volkes trifft, sondern im Sinne fremder Mächte. Dass der deutsche Staat und Teile der deutschen Wirtschaft ein eigenes nicht geringes Interesse am Fortgang dieses Krieges haben könnten, blenden Wagenknecht und Schwarzer aus. Die hier formulierte Kritik ist lediglich die, dass der Staat nicht im, von ihnen definierten, nationalen Interesse Deutschlands bzw. des deutschen Volkes entscheidet. Dieser nationalistischen Logik von Wagenknechts und Schwarzers linkem Patriotismus weiter folgend, wäre ein Krieg, der dem deutschen Volk Vorteile und Wohlstand bringen würde, zumindest weniger zu kritisieren. Zusammen mit der Petition veröffentlichten Wagenknecht und Schwarzer ihren Aufruf, sich am 25.02.2023 zu einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor zu versammeln. Das „Manifest für Frieden“ versammelte unter den Erstunterzeichner*innen prominente Antirassist*innen wie den Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma Romani Rose. Die in Teilen nationalistische Analyse des „Manifest für Frieden“ lud rechte Kräfte allerdings geradezu dazu ein, sich dem Aufruf anzuschließen und so unterzeichneten schon nach kurzer Zeit rechte Größen wie Tino Chrupalla das Manifest von Wagenknecht und Schwarzer. In der Folge wurde Sahra Wagenknecht in mehreren Interviews auf diese Unterstützung von rechts angesprochen. Wagenknecht vermied dabei bis zum Schluß tunlichst, sich dahingehend zu äußern, dass Rechte auf der anstehenden Kundgebung nicht willkommen seien. Ausweichend bezog sie sich nach mehreren Nachfragen schließlich auf Tino Chrupalla, den sie von der Kundgebung auslud. Später sagte Wagenknecht zwar, „rechtsextreme Flaggen und Symbole“ seien nicht geduldet, erwähnte aber auch: „Auf unserer Kundgebung ist jeder willkommen, der ehrlichen Herzens für Frieden und für Verhandlungen demonstrieren möchte.“. Ihr Ehemann Oskar Lafontaine antwortete auf die Frage, ob auch AfD-Politiker an der Demonstration teilnehmen könnten, es gebe keine „Gesinnungsprüfung“. Doch Oskar Lafontaine ist bei weitem kein „Friedensengel“. In seiner Publikation mit dem bezeichnenden Titel „Ami, it’s time to go“ entwickelt Lafontaine klare Zielvorstellungen zum Aufbau eines europäischen Verteidigungsbündnisses. Hier zeigt sich hinter Lafontaines vermeintlicher Friedensrhetorik, die heuchlerische Fratze des EU-Imperialismus unter deutscher Ägide. Dass Rechte und Rechtsradikale auf ihrer Kundgebung nicht willkommen seien, konnte oder wollte Wagenknecht nicht formulieren. Es kam, wie es kommen musste und die Kundgebung am 25.02.2023 wurde von zahlreichen Rechten von AfD bis zu bekannten Holocaustleugnern als Bühne zur Selbstinszenierung genutzt. Ein Ordner*innen-Konzept, das versuchte rechte Symbole aus der Demo herauszufiltern, kam spät und erst auf äußeren Druck zustande. Wichtig ist es uns, hier zu erwähnen, dass es auch in diesem Fall Menschen gab, die sich in direkter Auseinandersetzung den anwesenden Rechten in den Weg stellten. Es wäre im Vorfeld für die Veranstalter*innen denkbar leicht gewesen, dies alles zu verhindern. Ein kurzer Satz hätte wahrscheinlich genügt. Nur es war eben ganz offensichtlich nicht Teil des Konzepts der Demonstration, sich von Beginn an von Rechten zu distanzieren. Erst auf der Kundgebung selbst, und auch das nicht ohne Kalkül, verkündete Wagenknecht: „Selbstverständlich haben Neonazis und Reichsbürger (…) auf unserer Friedenskundgebung nichts zu suchen. Das versteht sich aber wohl von selbst, dachte ich“. Das Wagenknecht tatsächlich dachte, dies würde sich von selbst verstehen und gar folglich gar nicht mitbekommen haben wollte, welche Gruppen und Akteure sich über Wochen und auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen zu ihrer und Schwarzers Kundgebung ankündigten, ist in Anbetracht der vorherigen Diskussionen in Medien und Politik mehr als unglaubwürdig. Wagenknecht stellt sich hier geradezu lächerlich naiv. Mit welchen Empfängern und Multiplikatoren sie und Schwarzer gezielt versuchten, im rechten und verschwörungsideologischen Milieu Teilnehmer*innen anzusprechen, muss beiden von Beginn an klar gewesen sein. Den gesellschaftlichen und politischen Schaden, den sie mit dieser Strategie angerichtet haben, werden wir in den kommenden Monaten und Jahren erst beurteilen können. Denn eins ist klar: Die gesamte radikale Rechte, von AfD über, aus der Querdenken-Bewegung entstandene, Gruppen wie „Freie Sachen“ bis zu Elsässer und dem völkischen Flügel um Höcke – sie alle haben aktuell nur ein ganz großes Thema und das heißt, als rechte Kräfte im Sinne einer Querfront-Strategie Teil einer entstehenden neuen Friedensbewegung zu sein. Diesem Ziel haben Wagenknecht und Schwarzer sie, durch ihr Schielen auf die vermeintlich große mobilisierbare Masse der Coronaproteste und ihr bewusstes Schweigen zur rechten Mobilmachung nach Berlin, zumindest einen Schritt weiter gebracht.
Kein Frieden mit Rechten!
Nichts wird aktuell dringender gebraucht als eine wirklich progressive Friedensbewegung, die auch die Eskalationspolitik der NATO und den kochenden Waffenwahn der Ampel-Regierung angreift. Neben den unterschiedlichen Analysen zu der komplizierten Vorgeschichte und Entstehung des aktuellen russischen Angriffskriegs in der Ukraine und den dahinterstehenden geopolitischen Interessen großer kapitalistischer Machtblöcke, macht vor allem die aus Verschwörungsideolog*innen, Putin-Anhänger*innen und Rechten entstandene Querfront-Bestrebung von rechts und ihre Interventions- und Anbiederungs-Versuche eine solche Friedensbewegung immer wieder schwierig bis unmöglich. Das Schielen nach rechts und die Einladungen an das verschwörungsideologische Milieu von Linken oder Teilen der Friedensbewegung allerdings sabotieren genauso regelmäßig brauchbare Ansätze für eine breite progressive Friedensbewegung. Letztlich verhindern die Querfront-Träume einiger weniger, die so dringend nötige Friedensbewegung. Überall sehnen sich Menschen nach einer Möglichkeit, ihren Wunsch nach Frieden auf die Straßen zu tragen. Menschen wie Wagenknecht und Schwarzer sabotieren diese Forderungen, indem sie die Tür nach rechts bewusst offen halten und ihren „Frieden“ auf eine nationalistische und falsche Analyse stützen. Menschen wie Laura von Wimmersperg gehen allerdings noch einen Schritt weiter und bauen aktiv an den Querfront-Träumen der Elsässers und Höckes mit. Die antifaschistischen Friedensbewegten in Berlin haben schon seit sehr langer Zeit zahlreiche Probleme eine breite und dennoch progressive Bewegung auf die Straße zu bringen. Die Kriegsbegeisterung in alternativ-grünen Milieus als demobilisierender Faktor bei der Mobilisierung (bspw. in der Jugend) sind so ein Problem. Ein weiteres ist aber auch der „Tag der offenen Tür“ für rechte Kräfte, den die FRIKO immer und immer wieder praktiziert. Niemand der*die gegen COMPACT und Querdenker*innen auf die Straße geht, stellt sich am nächsten Tag freiwillig neben genau diese Kräfte für den Frieden auf ein und dieselbe Kundgebung. Wer sich dann noch über eine Überalterung der Friedensbewegung und die geringe Beteiligung junger Menschen an dieser beschwert, sollte sich das hier Geschriebene zu Herzen nehmen.
Wir fordern die FRIKO dazu auf, von diesem Kurs abzurücken, weil die enormen Folgeschäden für jede friedenspolitische Arbeit in Berlin der kommenden Jahre jetzt schon abzusehen sind. Wir fordern alle Bündnispartner*innen der FRIKO dazu auf, sich klar und unmißverständlich antifaschistisch zu positionieren und Druck auf die FRIKO auszuüben, die rechten und rechtsoffenen Bündnisse und Gruppen aus der Organisation des Berliner Ostermarsches und zukünftiger friedenspolitischer Aktionen auszuschließen.
Für eine starke, antimilitaristische und antifaschistische Friedensbewegung!
North East Antifa (März 2023)