Mit Nazis für Bürgerrechte demonstrieren? Das ist ein schlechter Witz!
Neue Querfront in Berlin
Zum vierten Mal haben sich am Samstag, den 18.04.2020, Menschen vor der Volksbühne versammelt, um eine von ihnen als „Hygiene-Demo“ bezeichnete Versammlung abzuhalten. Organisiert wird die Demonstration von der „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“. Hinter dieser „Kommunikationsstelle“ stecken der ehemalige taz-Autor Anselm Lenz, Batseba N’Diaye und Hendrik Sodenkamp. Forderungen des Vereins sind unter anderem die Einhaltung der Verfassung während der Corona-Krise, der Schutz von alten Menschen und eine Beendigung des Notstandregimes. Bisher wurden die Versammlungen von der Berliner Polizei aufgelöst.
Auf den ersten Blick erscheint das Anliegen nachvollziehbar und unterstützenswert. Schaut man sich die bisherigen Ansammlungen allerdings genauer an, wird deutlich, welchen politischen Hintergrund die Versammlungen eigentlich haben. Dort treffen sich bekannte Verschwörungstheoretikerinnen, Akteurinnen der Neuen Rechten, verurteilte Holocaustleugnerinnen und treue Erdogan-Anhängerinnen.
Wenn Nazis mitmachen, dann läuft etwas sehr falsch
Wieder ist eine Querfront zu beobachten, wie wir sie schon von den „Friedensdemos“ aus dem Jahr 2014 kennen. Offenbar stößt es weder den Organisatorinnen noch den Teilnehmenden übel auf, dass dort der Verschwörungsideologe Ken Jebsen und auch der wegen Holocaustleugnung aus dem Schuldienst entlassene Ex-Lehrer Nikolai Nerling Menschen interviewen und gleichzeitig in Livestreams ihren Rassismus und Antisemitismus reproduzieren können. Das Magazin der Neuen Rechten, „COMPACT“ ist mit Chef vom Dienst Martin Müller-Mertens vertreten, um genau wie im Jahr 2014 neue Mitglieder für rechte Ideologien zu gewinnen.
Ebenfalls vor Ort war die AfD-Influencerin Carolin Matthie. Sie läuft nach eigenen Angaben regelmäßig bewaffnet mit einer Pistole durch Berlin, um sich zu „schützen“. Unter den Teilnehmenden zeichnet sich ein ähnlich braun gemasertes Bild ab. Anhänger der QAnon-Bewegung, die in den USA bereits mehrere Gewalttaten verübten, Hooligans und „Friedenslinke“ stehen fröhlich nebeneinander und erfreuen sich am gemeinsamen „Wir sind das Volk“-Gebrüll. Gegenprotest wurde am Samstag mit Morddrohungen begegnet. Es ist zu erwarten, dass weiterhin Akteurinnen der organisierten Rechten versuchen werden, diese Versammlung für ihre Zwecke zu nutzen. Eine Distanzierung von Seiten der Veranstalter*innen gab es bisher nicht.
Richtig ist, dass die bisherigen Auflagen das Versammlungsrecht aushebeln. Es muss auch jetzt das von der Verfassung garantierte Recht sich zu versammeln umgesetzt werden! Aber das, was seit vier Wochen am Rosa-Luxemburg-Platz passiert, ist falsch. Dicht gedrängt nehmen die Demonstrierenden die Verbreitung des Virus in Kauf. Um das Recht auf Meinungsäußerung auch auf der Straße zu erkämpfen, braucht es Kreativität und Verantwortungsbewusstsein. Das sehen wir hier nicht.
Aber vor allem: Die Organisator*innen – ob gewollt oder nicht – spielen das Spiel der Rechten. Sie verharmlosen oder negieren die Gefahr, die von dem Virus ausgeht. Mit ihrem Bedürfnis, möglichst viele Menschen an einem Ort zu versammeln, laden sie Menschen ein, die ihren Antisemitismus, ihren Rassismus und ihre Verherrlichung des Nationalsozialismus ungehindert propagieren können.
Es entsetzt uns, dass hier Antisemitismus, Rassismus, und auch die Relativierung der Shoa unter der Fahne der Bürgerrechte propagiert werden. Es macht uns aber nicht sprachlos. Wie bei jedem Naziaufmarsch gilt auch hier: Kein Fußbreit! Nie wieder Faschismus!
Pressemitteilung Berliner Bündnis gegen Rechts „Querfront, Verschwörungstheoretiker*innen und Neue Rechte am Rosa-Luxemburg-Platz“ (23.04.2020)
Bereits viermal versammelten sich samstags auf dem Rosa-Luxemburg-Platz Menschen, um eine sogenannte „Hygiene-Demo“ abzuhalten. Das Berliner Bündnis gegen Rechts (BBgR) hat sich die Versammlung, bzw. den Versuch zur Demonstration genauer angeschaut. „Zu der Veranstaltung kommen viele Menschen, um für ihr Recht auf Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit zu streiten. Aber unter den Teilnehmenden befinden sich auch viele Verschwörungstheoretikerinnen, Akteure der Neuen Rechten, verurteilte Holocaustleugner*innen und treue Erdogan-Anhänger*innen. Wer mit diesen Menschen demonstriert, macht ihre Inhalte nicht nur salonfähig, sondern trägt sie mit“, so David Kiefer, Pressesprecher des BBgR.
„Dass auch Menschen anderer politischer Richtungen sich der Versammlung anschließen, kennen wir bereits von den „Friedensdemos“ im Jahr 2014″, so Kiefer weiter. „Hier kamen ebenfalls verschiedene politische Richtungen zusammen. Eine solche Querfront-Strategie ist zu keinem Zeitpunkt akzeptabel. Wir sagen ganz klar: Keine Politik mit Faschist*innen! Kein Fußbreit! Nicht heute und nicht morgen!“
Die aktuellen „Hygiene-Demos“ werden von der „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ durchgeführt. Hinter dieser „Kommunikationsstelle“ stecken der ehemalige taz-Autor Anselm Lenz, Batseba N’Diaye und Hendrik Sodenkamp. Zu den Demonstrationen kamen unter anderem der Verschwörungsideologe Ken Jebsen oder auch Nikolai Nerling, der wegen Holocaustleugnung aus dem Schuldienst flog. Für das Neu Rechte Magazin „Compact!“ war ihr Chef vom Dienst, Martin Müller-Mertens anwesend. Ebenfalls vor Ort, die AfD-Influencerin Carolin Matthie und Anhänger der QAnon-Bewegung.
„Die Organisatorinnen haben sich bisher in keiner Weise von den anwesenden Faschist*innen distanziert. Kleine Gruppen von Gegendemonstrant*innen mussten sich Morddrohungen gefallen lassen. Die Anwesenden stimmten in das „Wir sind das Volk“-Gebrüll mit ein“, so David Kiefer. „Die Organisatoren spielen auf diese Weise das Spiel der Rechten. Gewollt oder nicht gewollt. Antisemitismus, Rassismus oder die Relativierung der Shoa konnten ungehindert propagiert werden. Diesem entgegen wir: Kein Fußbreit! Nie wieder Faschismus!“
Pressekontakt:
David Kiefer (Berliner Bündnis gegen Rechts)
presse@berlingegenrechts.de