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Prozessbegleitung von Ali Hıdır Doğan und Kundgebung

prozess_ali_hidir_doganAufruf zur Prozessbegleitung von Ali Hıdır Doğan und Kundgebung

Prozessbegleitung und Kundgebung:
Di, 11.10.2016 | 09:00 Uhr | Kammergericht (Turmstraße 91 / Tiergarten)

Veranstalter*innen: Yekîtiya Xwendekarên Kurdistan (YXK) & Jinên Xwendekarên Kurdistan (JXK) Berlin

Am 25.04.2016 wurde der 51-jährige Ali Hıdır Doğan auf einen Haftbefehl des Kammergerichts Berlin hin in Bremen festgenommen und in die JVA Berlin-Moabit gebracht, wo er seitdem in UHaft sitzt. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet, er sei von Juli 2014 bis Juli 2015 Gebietsleiter der PKK in Berlin und damit „Mitglied einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ nach §129b Strafgesetzbuch gewesen.
Die „Verbrechen“, die ihm zur Last gelegt werden, sind unter anderem: das Sammeln von Spendengeldern, die Organisation von Busfahrten aus Berlin zu einem kurdischen Kulturfestival, die Anmeldung einer Mahnwache in Solidarität mit dem vom sogenannten „Islamischen Staat“ belagerten Kobanê vor dem Brandenburger Tor sowie Wahlkampf für die HDP betrieben zu haben.

In Kobanê wehrte und wehrt sich die kurdische Freiheitsbewegung in Form von YPG und YPJ erfolgreich gegen die islamistischen Faschisten. Das brachte der kurdischen Bewegung in Rojava Bewunderung, Respekt und auch Unterstützung selbst in Teilen der bürgerlichen Parteien und Medien der „westlichen Welt“ ein.

Die HDP wiederum ist ein demokratisches, für Geschlechtergleichberechtigung, Ökologie und soziale Gerechtigkeit eintretendes Parteienbündnis in der Türkei. Sie ist dort, seit sie bei den Wahlen im Juni 2015 aus dem Stegreif 13,1% der Stimmen erlangte, massiver Repression und terroristischen Angriffen wie etwa am 10.10.2015 in Ankara ausgesetzt. Dabei handelt es sich um eine legale parlamentarische Kraft – die drittstärkste in der Türkei.

Ali wurde also eingesperrt und wird der Mitgliedschaft in einer angeblich „terroristischen Vereinigung“ angeklagt, weil er den Kampf gegen den islamistischen Terror unterstützt und weil er Werbung machte für eine legale Partei, die sich für eine Demokratisierung der Türkei und für Minderheitenrechte einsetzt. Es ist absurd: Diejenigen, die den Terrorismus bekämpfen und sich für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in Syrien und der Türkei einsetzen, werden von der deutschen Justiz des Terrorismus beschuldigt.

Es ist für uns völlig unerheblich, ob Ali Teil der PKK ist oder nicht – denn angesichts islamistischfaschistischer Banden in Syrien, angesichts des jahrzehntelangen und jetzt wieder entfachten Krieges der Türkei gegen die kurdische Bevölkerung, angesichts des Umbaus des türkischen Staates zu einer Diktatur unter Erdoğan und angesichts dessen Zusammenarbeit mit bewaffneten islamistischen Kräften ist für uns klar, wo die tatsächlichen Terroristen zu suchen sind.

Ali ist einer von 12 kurdischen Aktivist*Innen, die in Deutschland inhaftiert sind.
Eine Zunahme der Strafverfolgung ist vor allem nach Kobanê zu beobachten. Seit Langem wurden nicht so viele kurdische Aktivist*Innen inhaftiert wie in den letzten Jahren. Immer wenn die kurdische Befreiungsbewegung aus der Gewaltspirale ausbrechen wollte, war und ist Deutschland bemüht, dies gemeinsam mit der Türkei zu verhindern. Auf den ersten Waffenstillstand der PKK im März 1993 folgte das PKK-Betätigungsverbot in Deutschland. 1998 wurde Abdullah Öcalan auf Betreiben Deutschlands hin in Italien festgenommen, wurde von den italienischen Behörden jedoch wieder freigelassen. Verschiedene europäische Länder verweigertem ihm politisches Asyl, und Anfang 1999 wurde er in Kenia vom türkischen Geheimdienst in die Türkei entführt. 2002 wurde die PKK in einer Zeit, in der sie eine Reorganisation vornahm, in die EU Terrorliste aufgenommen. Seit 2010 wird der §129b StGB auf die kurdische Bewegung angewandt, während zur gleichen Zeit direkte Gespräche zwischen der PKK und dem türkischen Staates stattfanden. Und heute, wo auch in Deutschland von immer mehr Stimmen immer lauter die Aufhebung des Verbots der PKK gefordert wird, nimmt die staatliche Verfolgung kurdischer Aktivist*Innen wieder zu.

Die antikurdische Politik der Bundesregierung ist ein Resultat der bilateralen Beziehungen zur Türkei. Die Bundesrepublik ist der führende Staat in der EU – auch und gerade führend darin, den Verfolgungswünschen der Türkei im Bezug auf die Kurd*Innen nachzukommen. Die Türkei versucht mit allen Mitteln zu verhindern, dass die Kurd*Innen ihre Statuslosigkeit des letzten Jahrhunderts, welche gleichbedeutend ist mit ihrer Entrechtung, verändern. Deutschland leistet dabei nach Kräften Unterstützung an die Türkei.

Der kurdische Freiheitskampf ist legitim und notwendig. Er setzt sich ein für Basisdemokratie, Geschlechterbefreiung, soziale Gerechtigkeit, eine echte Religionsfreiheit und ein selbstbestimmtes, friedliches Zusammenleben aller kultureller Gruppen in der Türkei und Mesopotamien.

Deswegen fordern wir:
Weg mit dem Verbot der PKK!
Schluss mit der Zusammenarbeit des deutschen und des türkischen Staates!
Freiheit für Ali und alle politischen Gefangenen!

Kommt zum Prozess in Berlin und zeigt Ali eure Unterstützung!

 


 

Pressemitteilung von AZADÎ e.V.:

Pressemitteilung
9. Oktober 2016

11. Oktober: Eröffnung des §129b-Prozesses gegen Ali Hıdır DOǦAN

Am 11. Oktober wird vor dem Kammergericht in Berlin das Hauptverfahren gegen den kurdischen Aktivisten Ali Hıdır DOǦAN eröffnet. Er wird von der Anklage beschuldigt, unter dem Decknamen „Ahmet“ in der Zeit zwischen April 2014 und September 2015 im Raum Berlin den „PKK-Sektor Nord“ und später das Gebiet „Bremen“ verantwortlich geleitet zu haben. In dieser Eigenschaft habe er u. a. Veranstaltungen organisiert, hierfür Busse angemietet und tickets verkauft, Spendenkampagnen für die politische und kulturelle Arbeit durchgeführt und – unglaublich – Landsleute im Krankenhaus besucht oder Familien von Gefallenen aufgesucht, um ihnen zu kondolieren. Desweiteren sei er den Menschen bei rechtlichen Problemen behilflich gewesen. Damit hat er sich nach Auffassung der bundesdeutschen Politik und Justiz „terroristisch“ betätigt, weil er mutmaßlich Mitglied einer solchermaßen eingestuften Vereinigung im Ausland (§§ 129a Abs. 1 Nr. 1  in Verbindung mit §129b Abs. 1 Satz 1 Strafgesetzbuch) sei, deren „Zwecke und Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten des Mordes oder Totschlags“ gerichtet sei. Von dieser Beschuldigung betroffen sind alle derzeit 12 in Haft befindlichen kurdischen Aktivisten. Die Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung nach §129b StGB hat das Bundesjustizministerium im Falle von Ali Hıdır DOǦAN am 6. September 2011 erteilt.

Ali Hıdır DOǦAN wurde 25. April 2016 in Bremen festgenommen und befindet sich in U-Haft in der JVA Berlin-Moabit.

Die Prozesseröffnung findet statt

am Dienstag, 11. Oktober 2016 um 9.00 Uhr vor dem Kammergericht Berlin,
Saal B 129, Eingang Wilsnacker Straße 4

Begleitet wird der Auftakt von einer Kundgebung. Im Aufruf hierzu heißt es u.a., dass die „antikurdische Politik der Bundesregierung“ ein „Resultat der bilateralen Beziehungen zur Türkei“ sei und „führend darin, den Verfolgungswünschen der Türkei in Bezug auf die Kurd*innen nachzukommen“. Gefordert wird ein Ende der Kriminalisierung, der Zusammenarbeit des deutschen und türkischen Staates sowie „Freiheit für Ali und alle politischen Gefangenen.“

AZADÎ e.V., Rechtshilfefonds für
Kurdinnen und Kurden in Deutschland, Köln
Kontakt mobil: 0151 – 18 69 66 05

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